Frontmedizin am Albisriederplatz in Zürich

Auf der Dufourkarte von 1861 ist der Albisriederplatz eine Verzweigung: Der Ort auf freiem Feld, an dem der Weg nach Albisrieden von der Badenerstrasse abzweigt. Aus der Verzweigung wurde ein Platz, je nach Sichtweise in die Jahre gekommen oder heruntergekommen. Medizinisch gibt es um den Albisriederplatz wenig das fehlt: Ehrliche, Vergewaltiger, Intellektuelle, Reuige, komplizierte Gemüter, Wunden die bluten, Wunden die stinken, psychisch Kranke die Medikamente verweigern, Gauner, Verzweifelte – you name it, we have it. Kaum eine Ethnie fehlt. Körper kaputt, Geist kaputt – ich krank, du sofort – von Bagatelle bis Lebensbedrohung.

Was braucht es an einem solchen Ort, an dem die NZ3-Walk-in-Praxis (Notfall Zürich 3) in Anspruch nimmt, von der Wiege bis zur Bahre, ein universale Grund- und Notfallmedizin zu können?

Ein offenes Herz und einen klaren Verstand. Tönt einfach. Viele haben Vorurteile. Macht nichts, wenn man diese kennt, durchschaut und sich dadurch weder einschränken noch fehlleiten lässt. Klarheit im Kopf schützt vor dem Verkennen von Gefahr.
Damit das zum Tragen kommen kann, braucht es Wissen und Können. Wissen dass genäht werden muss nützt nichts, wenn man nicht nähen kann. Damit Wissen und Können reibungsarm zum Tragen kommen, braucht es Erfahrung. Wegen der medizininhärenten hohen Komplexität braucht es viel Erfahrung. Und die muss erarbeitet werden – Krise um Krise, Tag um Tag, Nacht um Nacht.
Kurz, es braucht Ärztinnen und Ärzte die gut sind und spitze werden wollen. Spitze der Sache wegen, denn dieser Weg führt nicht an einen Ort mit Blick auf Sonnenuntergang, sondern zu weitgehender Angstfreiheit. Das ist eine Freiheit, die anhält – viel Grobes gesehen und unter Aufsicht gemeistert.

Mit der Aufsicht muss ich mich als leitenden Arzt hier deklarieren, leider, denn als Person will ich mich möglichst heraushalten. Gebirgsrettung (Armee), Arbeit in der Hocharktis und unter Tag, ein Jahr im Katastrophenmodus, > 40 k Notfallinterventionen: Ich habe wenig ausgelassen und kann deshalb viele Turbulenzen handhaben, ohne selber zum Notfall zu werden. Natürlich verlangt Rostprophylaxe kontinuierliches Praktizieren und deshalb arbeite ich durch – so wie es die Ärztinnen und Ärzte von vorgestern, meine Lehrerinnen und Lehrer, auch getan haben.

Max Kälin MD
Dr.med. Dr.sc.nat.
Allgemeinmedizin FMH